Josepha und Simon bei der Aufnahme des Interviews
Josepha und Simon während des Interviews. Foto: Dennis Hipp

Auf dem CloudFest 2023 im März hatte ich die Gelegenheit, mich mit Josepha Haden Chomphosy zu unterhalten. Die englische Audio-Version des Gespräch haben wir zeitgleich mit diesem Beitrag als Folge des PressWerk Podcast veröffentlicht. Hier gibt es eine leicht gekürzte deutsche Übersetzung.

Simon: Ich habe eine sehr dumme Frage. Dein Jobtitel ist »Executive Director of WordPress«. Was tut ein Executive Director of WordPress?

Josepha: Die Frage ist gar nicht dumm. Mein Job ist sehr schwierig zu erklären, weil nach ungefähr 20 Sekunden die Reaktion kommt: »Das ist kompliziert, das möchte ich nicht«. Also wenn ich dir meinen Job in einem Fahrstuhl erklären müsste, würde ich sagen, dass ich verantwortlich bin für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden des WordPress-Projekts und -Ökosystems. Das würde ich sagen.

Genauer gesagt besteht mein Job daraus, dass ich viel Zeit investiere um sicherzustellen, dass wir genug Ressourcen für alle unsere verschiedenen Bereiche im WordPress-Projekt haben. Wenn Contributors sagen, »wir haben Probleme beim Onboarding neuer Personen«, »wir haben Probleme mit zu wenig Dokumentation«, »wir haben Probleme mit Plugins oder Sicherheit«, überlege ich, wie die Probleme gelöst werden können. Außerdem versuche ich, die notwendigen Mittel für all diese Dinge zu beschaffen und viele der strategischen Pläne umzusetzen, die für WordPress am besten funktionieren werden, und zwar auf der Grundlage verschiedener Informationen und Ratschläge, die ich von Leuten bekomme.

Simon: Wie ist das passiert? Denn als ich das erste Mal mit dir in Kontakt war während meines Onboardings als Organizer für das WordCamp Frankfurt in 2016, vielleicht Ende 2015, hast du noch etwas komplett anderes gemacht.

Josepha: Das ist ewig her. Du warst in derselben Onboarding-Gruppe wie Birgit Pauli-Haack. Ich erinnere mich noch an die Notizen die ich bei dem Onboarding gemacht habe.

Simon: Ich hoffe, das ist was Gutes.

Josepha: Keine Angst, ist es.

Simon: Also, wie ist das passiert? Wie bist du Executive Director geworden?

Josepha: Die wortwörtliche Antwort ist, dass Matt mich zu der Rolle ernannt hat. Aber wenn du dir anschaust, wie ich als Meetup-Organizer angefangen habe, dann WordCamp-Organizer wurde und dann immer weiter in meiner WordPress-Karriere gegangen bin, wurde ich 2015 von Automattic dafür angestellt, um an Meetup-Organisation zu arbeiten und das Programm zu managen. Und über die Jahre war ich so begeistert von der Arbeit, die wir gemacht haben, dass ich immer mehr und mehr Verantwortung übernommen habe, und so bin ich da reingewachsen.

Aber das Wesentliche, warum wir Leute im WordPress-Projekt zusammen bringen – und das ist, was uns von anderen Projekten so unterscheidet – wir bringen Personen zusammen, damit sie verbunden sind und eine Community und Struktur haben, die hilft in einem schwierigen Projekt erfolgreich zu sein. Aber wir bieten auch ein gleichberechtigtes Netwerk für Leute, die ihr eigenes Geschäftsmodell aufbauen möchten, und welche, die ihr Leben mit WordPress verändern möchten, auch wenn das nicht ist, warum sie ursprünglich in das Projekt gekommen sind. Weil, niemand sagt: »Weißt du was? Ich werde mein Leben verändern. Zuerst muss ich herausfinden, was WordPress ist.« Niemand macht das. Aber diese Grundprinzipien, die da drin sind, haben mich einfach angesprochen, und so habe ich immer mehr gemacht und immer mehr Verantwortung übernommen. Als Jen Mylo das Projekt verließ, entstand ein Führungsvakuum, in das ich mit meiner freien geistigen Kapazität einspringen und helfen konnte. Und 2019 wurde ich in diese Rolle berufen. Und das war die aufregendste Herausforderung meiner bisherigen Karriere.

Es gibt noch mehr Stationen auf dem Weg, aber ich denke es ist langweilig, jedem meine Karriereschritte zu erzählen. Aber ich war zu begeistert, ich habe zu viel Verantwortung übernommen, und dann habe ich einen Titel bekommen, der der Verantwortung entsprach, die ich übernommen habe. Das ist sozusagen die Antwort.

Simon: Du hast erwähnt, Probleme für die Community zu lösen. Ich bin selbst Meetup-Organisator. Und die Sache, mit der wir hier in Deutschland gerade Probleme haben, ist beispielsweise die lokalen Communitys nach COVID wieder zu starten. Hast du dafür einen Plan? Hast du eine Strategie für den Neustart der Community?

Josepha: Ja, also, natürlich haben wir das Meetup-Reengagement-Programm. Die Leute aus dem Community-Team machen eine ausgezeichnete Arbeit um sich mit bestimmten Problemen auseinanderzusetzen und nicht nur innovative neue Ideen zu entwickeln, die die Menschen in einer Zeit nach Covid,um sich mit spezifischen Problemen auseinanderzusetzen und nicht nur innovative neue Ideen zu entwickeln, die die Menschen in einer Zeit nach dem COVID zusammenbringen, wenn man das so nennen kann, zusammenbringen. Oder die Zeit, in der es alle satt haben, anzuerkennen, dass es COVID gibt, wie auch immer man dazu steht. Auf der einen Seite gibt es das, und das macht einen großen Teil der schweren Arbeit, die damit verbunden ist. Aber ich habe gesehen, dass jede Community, die sich wieder aufbauen will, in gewissem Maße pragmatisch sein muss, was sie den Menschen anbietet.

Also immer wenn du Leute zusammenbringst, gibt es einen Grund dafür. Und die wie du die Leute zusammenbringst, wie du die Veranstaltung organisierst, gibt den Ton an, wie die Leute mitmachen werden, wie sie sich mit dir verbinden werden. Und einfach zurück zu der alten Version unserer Meetups zu gehen, ist wahrscheinlich nicht der Weg den wir jetzt gehen müssen.

Es ist vermutlich nicht vernünftig zu sagen »Hey, komm und lern alles über WP-Admin« und zu hoffen, dass alle das wollen. Stattdessen könnte es das beste sein so anzufangen: »Hey, wir werden das neu starten, lasst uns alle zwei Monate ein paar Networking-Veranstaltungen machen. Wir werden einfach ein Business-Netwerk-Event haben. Komm her, erzähl uns was du mit WordPress machst«. Und mach das sehr niedrigschwellig, setz wenig Kenntnisse voraus. Und der ganze Zweck davon ist, die Community wieder sich selbst vorzustellen. Lass die Leute wissen, das sind die anderen Leute, die dieselben Sachen machen wie du, und mach das zu einer pragmatischen Entscheidung. Ich habe gerade mit einem anderen WordPress-Contributor gesprochen, und der sagte, wir versuchen diese innovativen Sachen bei unserem Meetup zu machen, aber die Leute kommen nicht, sie kommen nicht zu unseren Veranstaltungen. Und so müssen wir vielleicht über einige Dinge sprechen, die mit dem Geschäft von WordPress zu tun haben. Ich denke, dass diese Art von Veranstaltungen, bei denen es um Kontakte und nicht nur um das Lernen geht, der richtige Weg sein könnte.

Simon: Abgesehen von der COVID-Sache. Was ist deiner Meinung nach der nächste große Schritt, den das WordPress-Projekt machen muss und machen wird?

Josepha: Ja, was die Dinge angeht, die für uns jetzt am wichtigsten sind, so wissen alle von Gutenberg, und alle sind sich darüber im Klaren, die Community wieder zusammenzubringen, nachdem wir so viele Jahre nicht zusammenkommen konnten. Diese beiden Punkte sind sehr klar. Und dann gibt es noch zwei andere Dinge, von denen ich glaube, dass sie sehr wichtig sind, damit wir wirklich Leute zum Mitmachen bewegen können. Zum einen haben unsere Contributor-Tools lange Zeit keine Aufmerksamkeit bekommen. Wir brauchen also viel mehr Zeit und Aufmerksamkeit, um nicht nur mit den Teamvertreter*innen zu sprechen um herauszufinden, was für die Dinge, die sie tun müssen, funktioniert und was nicht, sondern auch um herauszufinden, wo bestehende Tools verbessert werden könnten, anstatt ein völlig neues Tool zu entwickeln. Und ich denke, das gilt für alle Bereiche.

Es gibt viele Tools, die wir als WordPress besitzen und betreiben, und ich denke, sie könnten alle ein bisschen mehr Liebe und Aufmerksamkeit gebrauchen, als sie im Moment haben. Das ist also ein Bereich. Der andere Bereich, auf den wir alle unsere Aufmerksamkeit richten sollten, ist, dass wir als WordPress-Fachleute, als WordPress-Benutzer*innen, -Implementierer*innen und -Entwickler*innen wirklich anfangen müssen, uns damit zu beschäftigen, wie sich die Mund-zu-Mund-Propaganda für uns weiterentwickeln muss.

Wir haben nicht unendlich viel Geld, wir haben nicht unendlich viele Ressourcen. Wir sind ein Open-Source-Projekt. Aber ich habe wirklich das Gefühl, dass WordPress-Entwickler*innen und Menschen, die daran arbeiten, WordPress für andere Menschen zu entwickeln, in der Technologie als Ganzes keine würdige Position einnehmen. Das macht es Menschen, die versuchen, mit WordPress ein Geschäft aufzubauen, sehr schwer, sich wirklich dafür einzusetzen, dass sie für ihre Arbeit einen existenzsichernden Lohn erhalten oder Websites nicht für fast 0 Dollar erstellen müssen. Denn freie Software bedeutet in den Köpfen ihrer Kund*innen im Grunde genommen freie Arbeit. Ich glaube, wir müssen uns überlegen, wie wir von der Mund-zu-Mund-Propaganda wegkommen, die für uns großartig ist, weil es um die Wirkung geht und um das, was für uns eine Verbindung hergestellt hat, die anderen Menschen hilft. Es geht darum, eine Verbindung zu uns und unseren Aktivitäten herzustellen und einen Weg zu finden, wie wir auf eine neue Art und Weise mit Leuten über uns sprechen können, die nicht wissen, dass WordPress wichtig ist oder warum es wichtig sein sollte, und zwar auf eine Art und Weise, die immer noch dem von Wirkung und Verbindung geprägten Ethos entspricht, den wir bei unserem WordPress-Marketing schon immer hatten.

Also das sind meine zwei Dinge.

Simon: Wie ich bereits erwähnt habe, liegt mir das Leben auf diesem Planeten sehr am Herzen, daher ist dies eine Herzensangelegenheit. Es gibt diese Bewegung innerhalb des Projekts, ein Make-Team für Nachhaltigkeit aufzustellen. Wie können wir das erreichen?

Josepha: Ja. Natürlich haben wir derzeit einen Kanal für Nachhaltigkeit (im WordPress-Slack, Anmerkung der Redaktion). Aber einen Kanal für etwas zu haben, macht nicht unbedingt ein Team aus. Es gibt zu der Frage zwei Teile. Es gibt einen logistischen Teil und dann gibt es einen Realitäts-Teil.

Der logistische Teil ist einfach. Jedes Team, das in WordPress bestehen will, hat denselben Prozess. Es ist ein dokumentierter Prozess. Der Prozess, um ein Team zu werden, besteht darin, dass man ein Projekt bestimmt, an dem man arbeitet. Du machst regelmäßige Meetings in dem Team, das deinem am nächsten ist, und nach einer gewissen Zeit, wenn du immer noch in der Lage bist, diese Besprechungen abzuhalten, eine Agenda zu veröffentlichen und Besprechungsnotizen, und die Teammitglieder auftauchen. Es ist klar für sie, wie sie anfangen können, und einige Projekte werden fertiggestellt, wenn all das passiert und es so aussieht, als gäbe es noch mehr zu tun, und man so beweist, dass es sich um ein Team und nicht um eine individuelle Arbeitsgruppe handeln könnte, dann wird man von einer Arbeitsgruppe zu einem Team. Das ist also die logistische Seite der Sache.

Die Schwierigkeit besteht nun darin, wie wir unser allererstes Nachhaltigkeitsprojekt auf die Beine stellen können, für das eine Arbeitsgruppe erforderlich ist, und wie wir jemanden finden können, der bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen. Das ist die Schwierigkeit. Die Arbeit, die das Performance-Team leistet, hat natürlich einen klaren Bezug zur Nachhaltigkeit. Ein Großteil der Arbeit, die in diesem Jahr auf dem Plan steht, und insbesondere die Skripte für die Warteschlangen, die sie erstellen, um nur Calls zu senden, die auch tatsächlich gesendet werden müssen, sind offensichtlich mit der Nachhaltigkeit verbunden. Es gibt auch offensichtliche Verbindungen zur Leistung des CMS. Das könnte also ein mögliches Projekt sein. Du hast aber sicher schon erkannt, dass dieses Projekt beim Performance-Team angesiedelt ist. Wenn also das Performance-Team das Projekt besitzt und vorantreibt, wäre es überflüssig, eine Nachhaltigkeitsgruppe zu haben, die das Projekt zu ihrem Hauptaufgabenbereich machen will. Ich frage mich also, ob Nachhaltigkeit tatsächlich eine langfristige Arbeitsgruppe innerhalb des Performance-Teams sein sollte.

Simon: Es könnte einen anderen Weg geben. Ja, die Nachhaltigkeit von WordPress selbst ist eine Sache, aber unser gesamtes Event-Ökosystem, wenn wir es so nennen wollen, hat auch eine Auswirkung auf die Umwelt. Man könnte es also zum Beispiel beim Community-Team aufhängen und sagen, dass wir an dem Handbuch für nachhaltige Veranstaltungen arbeiten, das bereits einige Dokumente enthält.

Josepha: Ja. Und wir haben so etwas wie das T-Shirt-Tracking-Tool, das helfen soll, den Abfall zu reduzieren. Und ich glaube, dass vielleicht niemand weiß, dass es existiert.

Simon: Ich weiß es!

Josepha: Natürlich weißt du das, denn das war ein Tool, das zu meiner Zeit entwickelt wurde, und du wurdest von mir geschult, also weißt du natürlich Bescheid. Nur damit alle es wissen: Es gibt ein T-Shirt-Tool, mit dem man grob abschätzen kann, wie viele T-Shirts in welcher Größe man für verschiedene WordCamps benötigt. Aber um die Frage zu beantworten: Ich bin mir bewusst, dass es vor allem bei unseren Flaggschiff-Veranstaltungen eine gewisse Menge an Müll gibt, die sicherlich bedenklich ist. Das WordCamp Europe in Berlin hat alle Sponsorenbanner und andere Dinge mitgenommen und daraus Taschen gemacht. Mir gefiel diese Idee, und wir haben die Machbarkeit für das gesamte Programm geprüft, als COVID stattfand, und wir alle irgendwie in Panik geraten sind und aufgegeben haben.

Simon: Wir werden also sehen, was die Zukunft für das Nachhaltigkeitsteam bringen wird. Ich freue mich schon darauf. Vielen Dank für deine Zeit.

Josepha: Danke für die Einladung.

Übersetzt aus dem Englischen von Florian Brinkmann.